Fellwechsel beim Pferd

Von Reitsport

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Unmengen von Haaren trotz Striegeln bis zum Abwinken, schlappe Pferde – der Fellwechsel trifft Pferdebesitzer zweimal im Jahr mit voller Wucht. Und das oft zum scheinbar unlogischen Zeitpunkt.


Was ist der Fellwechsel eigentlich?


Das Pferd ist an ein Klima mit warmem Sommer und kaltem Winter angepasst. Dementsprechend produziert es wie viele andere Säugetiere ein dichteres Winterfell mit Unterwolle und längeren Deckhaaren für die kältere Jahreszeit und ein kürzeres Sommerfell für die wärmere Jahreszeit. Dabei hängt es stark von der Rasse und den Haltungsbedingungen ab, wie stark der Fellwechsel ausfällt. Ein Islandpony in Robusthaltung hat einen dicken Winterpelz. Ein Warmblüter, der in der Box wohnt, bekommt kaum Winterfell. Für den Menschen ist der Fellwechsel vor allem lästig. Für den Stoffwechsel des Pferdes stellt er eine Höchstleistung dar.


Wie funktioniert der Fellwechsel genau?


Der Fellwechsel findet in mehreren Schritten statt.

Ausgelöst wird der Prozess durch die sich verändernde Länge der Sonnenlichteinwirkung, welche durch die Zirbeldrüse wahrgenommen wird. Sie ist eine Hormondrüse und steuert nicht nur den Schlaf-Wach-Rhythmus und die Fortpflanzung, sondern auch den Fellwechsel. Wenn die Tage länger werden, gibt sie das Zeichen zum Start. Das heisst: Der Fellwechsel beginnt Ende Dezember beziehungsweise Ende Juni, jeweils zur Tag-und-Nacht-Gleiche. Auf das Signal der Zirbeldrüse hin beginnt der Körper, das neue Fell zu bilden. In dieser Phase braucht der Körper verstärkt Nährstoffe, weil die Haarbildung im Vordergrund steht. Das Pferd kann sich matt und unmotiviert fühlen, das Immunsystem kann geschwächt sein. Der Körper arbeitet auf Hochtouren.

In der zweiten Phase schieben sich die Haare durch die Haut. Dabei lockern sie die Haare des alten Fells. Das Pferd leidet unter Juckreiz und der Mensch bürstet, bürstet und bürstet.

Je nach Konstitution und Alter des Pferds dauert der Vorgang unterschiedlich lang. Ältere oder an Stoffwechselerkrankungen leidende Pferde haben manchmal Probleme, das Fell überhaupt abzustossen. Sie schwitzen dann bei hohen Temperaturen immer noch unter dem Winterfell.

Übrigens: Die Temperaturen sind nicht primär für den Fellwechsel ausschlaggebend. Temperaturschwankungen können aber den Vorgang verzögern oder vorübergehend stoppen. Die Temperatur ist auch dafür zuständig, wie dicht das Winterfell wird.


Wann fängt der Fellwechsel an?


Der Fellwechsel beginnt unsichtbar. In dem Moment, in dem die Zirbeldrüse das Längerwerden der Tage im Sommer beziehungsweise das Kürzerwerden im Winter registriert, gibt sie den Startschuss. Das ist im Winter ungefähr zum Jahreswechsel, im Sommer Ende Juni/Anfang Juli. Das ist dann auch der richtige Zeitpunkt, um dem Pferd zusätzliches Futter oder Nahrungsergänzungen zu geben.


Wie kann ich mein Pferd im Fellwechsel unterstützen?


Pferden fällt der Fellwechsel unterschiedlich schwer. Viele sind einfach ein bisschen unmotivierter oder schlapper. Oft ist auch das Immunsystem etwas angegriffen. Es wäre unfair, unter den Umständen Höchstleistungen zu erwarten. Manche Impfungen oder Entwurmungsaktionen lassen sich so terminieren, dass sie nicht gerade in die kritische Zeit fallen. Ein bisschen Rücksichtnahme kann dem Pferd helfen.


Durch entsprechendes Futter kann man seinem Pferd den Vorgang ebenfalls erleichtern. Darüber hinaus ist das Füttern von Omega-3-Fettsäuren sinnvoll, die essenziell für die Haut und ihre Regeneration sind. Zudem wirken sie entzündungshemmend, was wiederum dem angeschlagenen Immunsystem zugute kommt. Omega-3-Fettsäuren sind zum Beispiel in Leinprodukten wie Leinöl oder Leinpellets enthalten, die man ins Futter geben kann.

Zink ist wesentlich für die Haarneubildung, aber auch für das Immunsystem. Zink ist zum Beispiel in Bierhefe enthalten, die gut in den ersten Wochen des Fellwechsels kurmässig ins Futter gegeben werden kann. Bierhefe enthält darüber hinaus Aminosäuren, Eisen und Folsäure und wirkt sich positiv auf den Magen-Darm-Trakt aus.

Vitamin C wirkt Entzündungen entgegen. Hier können zum Beispiel getrocknete Hagebutten hilfreich sein, die von vielen Pferden auch gerne als Leckerchen genommen werden.

Es gibt bei verschiedenen Fachfirmen Fertigmischungen zum Beifüttern in der Fellwechselzeit, die ebenso empfehlenswert sein können. Auch Präparate, die die Leber anregen oder entlasten, können sinnvoll sein. Viel kommt auf den speziellen Ernährungs- und Gesundheitszustand des Pferdes an. Im Zweifelsfall kann eine Ernährungsberatung helfen. Wichtig ist, dass direkt im Januar beziehungsweise im Juli zugefüttert wird, wenn die neue Behaarung gebildet wird.


Während der Haarphase tun die meisten Pferdehalter intuitiv das Richtige: Sie bürsten und striegeln, was das Zeug hält. Damit helfen sie ihrem Vierbeiner, die Haare loszuwerden. Das Striegeln vermindert das Schwitzen und verringert damit die Gefahr von Kreislaufprobleme oder auch Pilzerkrankungen. Die meisten Pferde geniessen in der Fellwechselzeit die ausgiebigen Pflegeeinheiten. Schliesslich jucken die nachschiebenden Haare. Für die Fellpflege zur Fellwechselzeit stehen diverse verschiedene Werkzeuge zur Verfügung, vom Gummistriegel über den Isländerstriegel bis hin zu modernen Geräten mit Klingen. Letztendlich muss jede und jeder selber ausprobieren, womit sie oder er am besten zurechtkommt. Als grobe Richtlinie kann man sagen: Je dichter das Fell, desto schärfer darf der Striegel sein. Boxenpferde mit nur leichtem Winterfell sind mit einem Gummistriegel oft besser bedient, während bei einem struppigen Pony ein Metallstriegel effizienter sein kann.


Ältere Pferde oder Tiere mit Stoffwechselerkrankungen kämpfen manchmal über Wochen mit dem Fellwechsel. In dem Fall kann es gut sein, das Tier mit der Schermaschine vom Pelz zu befreien.