Reitbegleithund - So werden Pferd, Hund und Reiter ein tolles Team
Tierliebe ist die Basis für eine harmonische Beziehung zum Pferd und Grundvoraussetzung für einfühlsame Trainingseinheiten. Was aber, wenn die Zuneigung nicht nur dem Sportpartner gilt, sondern auch anderen Vierbeinern? Soll ein Hund zum häufigen Begleiter des Pferdes werden, ist geschicktes Vorgehen gefragt, denn beide Tierarten zeigen ein grundsätzlich konträres Verhalten...
Grundsätzliches zur Konstellation zwischen Pferd und Hund
Die Idee, Pferd und Hund miteinander bekannt zu machen, ist nachvollziehbar – denn was liegt näher, als Deine Zeit beiden zugleich zu widmen und so alle Bedürfnisse unter einen Hut bzw. Reithelm zu bekommen? Der Hund kann Dich bei der Arbeit im Stall genauso begleiten wie beim Besuch der Weide oder auf Ausflügen. Doch damit all das friedlich verläuft, müssen die Tiere Vertrauen zueinander aufbauen und die Eigenheiten des jeweils anderen akzeptieren lernen.
Zwischen beiden herrscht ein instinktives Misstrauen, da sie der Jäger-Beute-Konstellation entsprechen. Im natürlichen Umfeld würden sie einander aus dem Weg gehen. Das lebendige und kommunikative Wesen des Hundes stellt für das Pferd eine potenzielle Gefahr dar – von der es als Fluchttier buchstäblich davonrennt. Dein treuer Begleiter hingegen besitzt einen angeborenen Jagdtrieb, der mit dem anerzogenen Beschützer-Verhalten kollidiert. Diese Gegensätze verursachen bei beiden Tieren Stress.
Damit sich der eine Vierbeiner zum zuverlässigen Reitbegleithund entwickelt und der andere ein gelassener Sportpartner bleibt, sind intensive Übungen nötig. Sie zu leiten und Euch zu einem wahren Dream-Team zu machen ist Deine Aufgabe, denn Du bist das Alphatier im Mensch-Hund-Rudel und hast auch zu Pferd die Hosen an.
Grundvoraussetzungen für einen Reitbegleithund
Die Frage, welche Hunde sich als (zukünftige) Reitbegleiter eignen, lässt sich nicht pauschal beantworten. Prinzipiell kann jeder Vierbeiner seiner Art lernen, mit Pferden umzugehen. Dennoch gibt es natürlich ein paar Aspekte, die Du kritisch prüfen solltest, bevor Du das Trainingsprogramm zum Reitbegleithund startest. Stell und beantworte Dir folgende Fragen:
- Besitzt mein Hund einen ausgeprägten, evtl. sogar bewusst verstärkten Jagd- oder Hütetrieb?
- Ist er gesund und ausdauernd genug, in höheren Gangarten und auf größere Strecken mit dem Pferd mitzuhalten?
- Lässt er sich leicht ablenken – und wenn ja: Hört er dann trotzdem auf mich?
Bei der Größe Deines Begleiters solltest Du berücksichtigen, dass Pferde nur im direkten Gesichtsfeld dreidimensional sehen. Die beiden Seitenbereiche zwischen Schultern und Kruppe nehmen sie zweidimensional wahr – und alles, was sich unmittelbar vor der Nasenlinie oder hinter dem Schweif befindet, liegt im toten Winkel. Dadurch kann ein kleinwüchsiger Reitbegleithund schnell unter die Hufe kommen.
Des Weiteren sollte Dein treuer Freund die gängigsten Befehle kennen und befolgen. Dieser Hinweis versteht sich unabhängig davon, ob Du ihn zum Reitbegleithund erziehen möchtest – denn Gehorsam ist bei allen Vertretern seiner Art friili. Anderenfalls darfst Du erst weiterlesen, wenn Du ihm Basics wie Nein , Platz oder Zurück beigebracht hast.
Die ersten Treffen zwischen Pferd und Hund
Der erste Kontakt zwischen den Tieren erfolgt mit Abstand und in Deiner Begleitung. Dabei sollte es nicht gleich „in die Vollen“ gehen. Im Idealfall trefft Ihr Euch in einem Außenbereich wie der Weide. Hier können beide schauen und Witterung aufnehmen. Achte dabei auf die Körpersprachen der Tiere, denn sie verraten Dir viel über die jeweiligen Empfindungen.
Das gilt auch und erst recht, wenn sie sich näher kommen. Dabei ist es vor allem der Hund, den Du beeinflussen kannst. Sobald er anfängt unruhig zu werden oder in die Leine springt, befiehlst Du ihm Sitz oder Platz und belohnst das gewünschte Verhalten. Perfekt ist eine zweite Person, die sich derweil um das Pferd kümmert, damit Du nicht beide im Auge behalten musst.
Durch kompetentes Auftreten vermittelst Du Deinem Hund Sicherheit und hilfst ihm, die Diskrepanz zwischen Instinkt und Gehorsam zu überwinden. Er muss vom ersten Augenblick an wissen, dass Lärm und hektische Bewegungen im Umfeld des scheuen Pferdes tabu sind – ganz gleich, ob es tatsächlich anwesend ist oder nicht. Das heisst, ein angehender Reitbegleithund darf weder
- im Stall, der Boxengasse oder der Box selbst noch
- in der Halle oder auf dem Reitplatz bzw. der Weide
springen, rennen oder bellen. Erst recht nicht, wenn neben Deinem eigenen Pferd weitere Tiere anwesend sind. Erkundige Dich daher bei den anderen Halter*innen bzw. -Besitzer*innen, ob das Mitbringen Deines treuen Gefährten okay ist.
Vom Pferdefreund zum Stallbesucher
Für den Aufenthalt im Stall machst Du Deinen künftigen Begleiter zunächst mit den dortigen Gerüchen und Geräuschen vertraut. Lass ihn an Streu, Mist und Sattelzeug schnuppern und such Dir für den ersten Besuch einen ruhigen Moment aus. Schon da lehrst Du Deinen Hund, einen für ihn bestimmten Platz einzunehmen und beizubehalten. Am besten legst Du eine Decke oder Matte aus, die ihm bereits vertraut ist.
Sie sollte so positioniert sein, dass ein Sicherheitsabstand zum Pferdestandort gewahrt bleibt, Du aber weiterhin Blickkontakt halten kannst. So siehst Du, was der Hund macht und kannst gegebenenfalls korrigierend eingreifen. Für gutes bzw. wunschgemäßes Benehmen belohnst Du ihn angemessen, damit er es gern und freiwillig wiederholt. Allerdings darf es Dich nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Nähe des Pferdes für ihn anstrengend sein kann.
Das Tier ist deutlich größer als er selbst, verströmt einen intensiven Geruch und erhält von Dir viel Aufmerksamkeit. Auch die sonstigen Aromen im Stall und die Geräusche des Reitbetriebs können einen untrainierten Reitbegleithund stressen. Achte daher auf seine Signale und halte die Übungseinheiten zu Beginn bewusst kurz.
In kleinen Schritten zum Erfolg – Die langsame Ausbildung zum Reitbegleithund
Für das eigentliche Reitbegleit-Training empfehlen sich zunächst gemeinsame Spaziergänge mit dem Pferd. Dabei sollte der Hund immer auf Höhe Deines Beines bleiben – denn dort läuft er auch später am besten. Als Übergang zum Aufsitzen trainierst Du ihn am Fahrrad. Hier muss er ein Kommando lernen, dass es Dir ermöglicht, ihn vom Pferderücken aus anzuleinen. Dazu sollte er sich an Deinem Bein empor auf die Hinterläufe stellen können. Damit sich das Pferd mit dieser wichtigen Übung ebenfalls vertraut machen kann, müsst Ihr sie später im Team wiederholen.
Die Leine ist ein Hilfsmittel für die Anfangszeit als Reitbegleithund – denn durch Aufsitzen entsteht eine ungewohnte Distanz zwischen Euch, sodass viele selbstverständliche Kommunikationsmittel nicht mehr greifen. Da Dein treuer Freund Dich in der Höhe weniger gut sieht, spürt und riecht, muss er einige Befehle neu zu deuten lernen. Dazu gehört ein eindeutiges Signalwort, um Abstand zwischen den Tieren zu schaffen. Ein weiteres wichtiges Kommando zeigt dem Reitbegleithund an, dass er die Seite wechseln soll – und zwar hinter dem Pferd herum. Auch das müsst Ihr im Team üben, damit keiner einen Tritt riskiert oder vor lauter Schreck abgeworfen wird.